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Rede von Ursula von der Leyen

Bild: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält im Europäischen Parlament ihre
Rede zum aktuellen Stand der COVID-19-Impfstrategie der EU am 10. Februar 2021.
© European Union 2021 – EP / Eric Vidal

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch eine ehrliche Analyse zur europäischen Impfstoff-Beschaffung abgegeben. Die europäisch koordinierte Impfstoffbestellung war richtig. Da ich diese Rede für sehr wichtig halte, um die Vorgänge auf europäischer Ebene nachvollziehen zu können, zitiere ich umfangreich:

„In Polen sind bis Anfang Februar 94% des medizinischen Personals und 80% der Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen geimpft worden. In Dänemark sind es in den Altenheimen sogar 93%. Und in Italien haben bis heute mehr als 4% der Bevölkerung eine Impfung erhalten.“

Mit diesen drei Beispielen zeigte Ursula von der Leyen, dass die Impfkampagne in Europa vielerorts an Fahrt aufgenommen hat. Seit Dezember wurden 26 Millionen Impfdosen in Europa ausgeliefert. Mehr als 17 Millionen Menschen wurden geimpft.

„Und dennoch ist es eine Tatsache, dass wir heute beim Kampf gegen das Virus noch nicht da sind, wo wir sein wollen. Wir waren spät dran bei der Zulassung. Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns auch zu sicher, dass das Bestellte tatsächlich pünktlich geliefert wird. Wir müssen uns fragen, warum das so ist und welche Lehren wir daraus ziehen können“, so von der Leyen. Sie betonte: „Es war richtig und es ist richtig, dass wir Europäerinnen und Europäer den Impfstoff gemeinsam bestellt haben und nun solidarisch teilen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was es bedeutet hätte, wenn einige wenige große Mitgliedstaaten sich Impfstoff gesichert hätten und der Rest leer ausgegangen wäre. Was das für unseren Binnenmarkt bedeutet hätte, und für die Einheit Europas! Es wäre wirtschaftlicher Unsinn. Und es wäre das Ende unserer Gemeinschaft.

Zweitens bin ich der festen Überzeugung, dass wir uns genauso solidarisch mit unseren Partnern in unserer Nachbarschaft und in der Welt zeigen müssen. Es geht auch darum, die Ausbreitung des Virus zu stoppen, damit Mutationen weniger wahrscheinlich werden. Dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen Zugang zu Impfstoffen haben, liegt daher in unserem eigenen Interesse, aber es ist auch ein Gebot der Solidarität. Deswegen haben wir COVAX eingerichtet – COVAX ist die Fazilität, über die Länder mit hohem Einkommen den Zugang zu Impfstoffen für Länder mit niedrigem und geringem Einkommen finanzieren können.“

Die Mitgliedstaaten und die Organe der EU haben die Stärken gebündelt und 850 Millionen Euro bereitgestellt. Von der Leyen: „Damit sind wir einer der größten COVAX-Beitragszahler. Und COVAX wird in diesem Monat mit der Auslieferung von Impfstoffen beginnen. Und Sie stimmen mir sicherlich zu, wenn ich sage, dass wir mehr Mittel benötigen. Denn unsere Verantwortung geht weit über die Grenzen Europas hinaus.“

Als dritten Punkt nannte Ursula von der Leyen die Herangehensweise der EU: „Wir haben uns dazu entschieden, bei der Sicherheit und der Wirksamkeit keine Abstriche zu machen. Zu dieser Entscheidung stehen wir voll und ganz. Schließlich wird bei der Impfung eine biologisch aktive Substanz in einen gesunden Menschen injiziert. Da darf es keine Kompromisse geben. Und daher setzen wir auf das Prüfverfahren unserer Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA. Das Zulassungsverfahren dauert zwar drei bis vier Wochen länger. Aber diese zusätzliche Zeit ist eine Investition, die sich in puncto Vertrauen und Sicherheit auszahlt.“

Verbesserungen sind beim Datenaustausch bei klinischen Prüfungen mit der EMA notwendig. Dafür wird ein neues europäisches Netzwerk für klinische Prüfungen geschaffen. Parallel dazu arbeitet Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides einen Rechtsrahmen aus, der es der EMA erlaubt, Impfstoffe so schnell wie möglich zu prüfen.

Von der Leyen räumte auch ein, dass man die Schwierigkeiten der Massenproduktion von Impfstoff unterschätzt habe: „Normalerweise dauert es fünf bis zehn Jahre, um einen neuen Impfstoff herzustellen. Wir haben das in zehn Monaten geschafft. Das ist eine große Leistung der Wissenschaft, auf die wir stolz sein können! Aber die Wissenschaft hat in gewisser Weise die Industrie überholt. Die Herstellung neuer Impfstoffe ist ein äußerst komplexes Verfahren. Man kann nicht von heute auf morgen eine neue Produktionsstätte errichten. Zudem bestehen diese Impfstoffe aus bis zu 400 Bestandteilen, und an ihrer Herstellung sind bis zu 100 Unternehmen beteiligt. Daher haben wir eine Task-Force gegründet, mit der wir die industrielle Produktion der Impfstoffe steigern wollen.“

Von der Leyen betonte, dass sie jedes Verständnis dafür habe, wenn es bei der Massenproduktion von Impfstoff einmal zu Schwierigkeiten kommt. Doch Europa hat im Vorfeld Milliarden in Kapazitäten investiert. Und die Kommission hatte die Mitgliedstaaten eindringlich aufgefordert, ihre Impfkampagnen zu planen. Alle benötigen Planungssicherheit. Deswegen wurde ein Transparenz- und Autorisierungsmechanismus für Ausfuhren eingeführt. „Wir haben nicht die Absicht, Unternehmen, die ihre Verträge gegenüber der Europäischen Union einhalten, einzuschränken. … Europa ist jederzeit bereit zu helfen. Aber wir pochen auf den Anteil, der uns zusteht.“

Die Kommissionspräsidentin sagte, dass der Kampf gegen das Virus Vorausschau, Durchhaltevermögen und Ausdauer erfordere. „Wir müssen unsere Verfahren und Rechtsvorschriften an diese neue Herausforderung anpassen. Wir müssen neue Mutationen rasch sequenzieren und klinisch charakterisieren. Wir brauchen systematische Stichproben und den Austausch von Daten zwischen Netzwerken und Laboren. Denn um das Virus zu besiegen, müssen wir es möglichst genau kennen.“

Zum Abschluss ihrer Rede sagte Ursula von der Leyen: „Wir alle geben unser Bestes im Kampf gegen das Virus. In den Familien, in den Städten und Gemeinden, in den Mitgliedstaaten und auf der europäischen Ebene. Das sollten wir uns gegenseitig nicht absprechen. Wir werden diese Herausforderung nur bewältigen, wenn wir zusammenhalten. Unser gemeinsamer Feind, das ist das Virus. Es lebe Europa. Dankeschön!“


Link zum Redemanuskript von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum aktuellen Stand der COVID-19-Impfstrategie der EU am 10. Februar 2021: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/speech_21_505

Link zum Video: Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (ab Minute 07:07): https://audiovisual.ec.europa.eu/embed/index.html?ref=I-201933&lg=undefined

Link zur Pressemitteilung: Corona-Impfstrategie - Abgeordnete fordern EU- und weltweite Solidarität: https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/priorities/impfstoffe-gegen-covid-19/20210204IPR97104/corona-impfstrategie-abgeordnete-fordern-eu-und-weltweite-solidaritat

 

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